Geschichte

Die Gründung

Schon anlässlich der Primiz des H. H. Georg Kronbichler, Tschoggler, im Juli 1903 regte sein Bruder Andreas an, in Reischach eine Musikkapelle zu gründen; derselbe Wunsch äußerte sich in verstärktem Maße bei der Jahrhundertfeier des Tiroler Freiheitskampfes 1909. Doch erst als Jakob Mair aus Strassen in Osttirol im Frühjahr 1912 als Pfarrer nach Reischach kam, wurde noch im selben Jahr ein „Schützenmusikverein“ gegründet. Neben dem Pfarrer gehörten zu den treibenden Kräften ganz besonders Bernhard Oberlechner und sein Vater Josef Oberlechner, Mesnerwirt, Thomas Mairhofer, Gruber, die Gebrüder Johann, Josef und Franz Mutschlechner, Salcher, und Franz Kronbichler, Senner. Zum Gründungsobmann wurde Thomas Mairhofer gewählt.

David Kofler, Fotograf in Bruneck, konnte als Kapellmeister gewonnen werden, obwohl er schon die Brunecker Kapelle leitete. Zunächst probte man in Bruneck, dann kam das „Kofler Mandl“ fast täglich zu Fuß nach Reischach zu den Proben beim Mesnerwirt, denn der Schießstand wurde erst im Spätherbst 1912 fertig gestellt. Die Schützenmusikkapelle Reischach zählte bei der Gründung 23 Mitglieder und war eine sogenannte „Türkische Musik“, d.h. eine reine Blechblaskapelle.

Bei der Fronleichnamsprozession 1913 rückte sie erstmals aus. Erst 1914 bekamen die Musikanten mit den Standschützen ihre traditionelle Tracht. Deshalb nannte man sie anfangs auch Standschützenkapelle. Zum Namenstag von Pfarrer Jakob Mair am 25. Juli 1912 brachte ihm „seine“ Musikkapelle ein Ständchen. Dazu schrieb der „Pustertaler Bote“ am 1. August: „Herr Kapellmeister Kofler hat in sehr kurzer Zeit wirklich viel geleistet.“ Am Cäciliensonntag d. J. fand beim Mesnerwirt das erste Musikfest statt. Durch Bittbriefe von Bernhard Oberlechner gingen Spenden des Kaisers und der Erzherzöge Rainer und Eugen ein.

Das erste Foto einer Musikkapelle aus Reischach (Gründungskapelle aus dem Jahre 1912)

 

Der 1. Weltkrieg und die Zeit des Faschismus

Der Ausbruch des 1. Weltkrieges war ein schwerer Schlag für die Kapelle, viele Musikanten mussten einrücken und fünf kehrten nicht mehr zurück. Nach dem schwierigen Wiederaufbau konnte die Kapelle bei der Heimkehrerfeier im November 1919 erstmals wieder ausrücken, ebenso bei der Hochzeit des Obmannes Thomas Mairhofer 1921 und bei der Weihe der neuen Kirchenglocken im Februar 1922. Damals stellte man sich auch auf die sogenannte Harmoniemusik um, d.h. die Klarinetten kamen hinzu. Man spielte fast ausschließlich Marschstücke, und sogar der Brixner Fürstbischof Johannes Raffl wurde 1927 auf dem Brunecker Schlossberg mit dem „Strohwitwermarsch“ begrüßt. Damals waren noch fünf Musikanten aus der Gründungszeit bei der Kapelle.

In der faschistischen Ära waren Schützenfahne und Tracht nicht gern gesehen und den Musikanten wurde das Tragen der Tracht sogar verboten. Andererseits war man bei nationalen Feierlichkeiten auf die Musikkapellen angewiesen, so beispielsweise beim Trachten– und Brauchtumswettbewerb 1928 in Venedig oder bei der Landwirtschaftsausstellung 1929 in Verona.

Die Musikkapelle Reischach im Jahre 1933

 

Der 2. Weltkrieg und die Nachkriegszeit

Während des 2. Weltkrieges lebte die Kapelle zwar weiter, doch beschränkte man sich auf Ausrückungen zu kirchlichen Feierlichkeiten. Bei Kriegsende nahm eine Abordnung des faschistischen „Gruppo Badoglio“ alle Musikinstrumente der Kapelle in Beschlag und nur durch die Intervention von Pfarrer Josef Unterpertinger konnte die Rückgabe der Instrumente erreicht werden. Das Wiedererstarken der Kapelle nach 1945 war hauptsächlich das Verdienst von Obmann Franz Kronbichler und Kapellmeister Hans Niederbacher; auch einige hervorragende Ergebnisse bei Wertungsspielen stammen aus dieser Zeit. 1952 unternahm man über Vermittlung von Franz Mutschlechner, Pfarrer in Erlach bei Wiener Neustadt, die erste große Auslandsfahrt zum Eucharistischen Jungendkongress in Wien.

Ein schwerer Schlag für die Musikkapelle war der Tod von Kapellmeister Hans Theodor Niederbacher am 6. Juli 1953. Niederbacher war Lehrer an der Volksschule Reischach und der neu gegründeten Mittelschule in Bruneck. In den Jahren 1929 – 1936 und 1945 – 1953 war er Kapellmeister der Musikkapelle Reischach. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges übernahm er auch die Leitung der neu aufzubauenden Bürgerkapelle Bruneck. Er war Bezirkskapellmeister und Bezirksobmann des Pustertales, Gründungsmitglied des Verbandes Südtiroler Musikkapellen, Initiator und erster Schriftleiter der Verbandszeitschrift „Die Volkskultur“ (Vorgänger der heutigen Zeitschrift „Kulturfenster“, Amn.d.Red.).

Auf Bitten und Drängen seiner Musikkameraden übernahm nun dessen Bruder Franz Niederbacher die Leitung der Kapelle, bis er 1956 vom erst 18-jährigen Alois Regensberger abgelöst wurde. Unter seiner Führung (bis 1976) erzielte die Musikkapelle große Erfolge. Bei der Wienfahrt 1959 standen einige Konzerte, ein Empfang bei Kardinal Franz König und ein Ständchen für Bundeskanzler Julius Raab auf dem Programm.

Quelle: „Reischach – aus der Geschichte eines Dorfes“, 2007, Autor: Raimund Griessmair,